Frauenpower in Indien

 

Varanasi

 

Wenn sich 11 Frauen gemeinsam auf eine Reise begeben, dann ist dies auf jeden Fall besonders.

Wir hatten das Glück, dass es besonders angenehm und besonders harmonisch war. Dabei war der Start alles andere als angenehm, da drei von uns bis zum letzten Tag kein Visum hatten . Schon zu diesem Zeitpunkt bewunderte ich den Zusammenhalt und die Gelassenheit der Teilnehmerinnen.  Dank einer inzwischen sehr flotten indischen Botschaft mit last- minute Visa hatten wir dann allerdings schon beim Abflug Grund zu feiern!

 

Unser erstes Ziel war Varanasi oder Benares, wie die älteste noch belebte Stadt Indiens und der Welt  auch genannt wird.

Diese Stadt verzaubert und entwaffnet die Menschen, die sie besuchen.

Sie entzweit und polarisiert. Du kannst sie nur lieben und staunen oder an ihr verzweifeln. Interessant wahrlich, dass die Stadt selbst all diesen Emotionen gegenüber äußerst gelassen bleibt- lächelnd  akzeptiert sie jegliche Gefühlsregungen ihrer Besucher.

Ihre wahre Schönheit und Magie zeigt sie aber nur jenen mit offenem Herzen und offenem Geist.

Wir hatten alle viel Freude mit ihr, dieser mystischen Geliebten des Gottes Shiva, dem Hüter über Leben und Tod.

Wie verwunschen  zeigt sie sich am frühen Morgen, wenn die Nebel über dem Ganges sich lichten und die ersten kleinen Kerzen schwimmend flussabwärts treiben. Mit ihnen die Hoffnung auf Erlösung , Erkenntnis und Befreiung der eigenen Seele.

Ich schließe die Augen auf  unserem kleinen Ruderboot, das sich auch der Patina der Stadt angeglichen hat. Verträumt gleiten die Ruder ins Wasser, und ich lasse den Klang der heiligen Rituale mein Herz und meine Seele berühren und versinke in ein inniges Danken für die Gnade Jahr für Jahr dieses Morgenwunder der aufgehenden Sonne über dem heiligen Wasser der Ganga erleben zu dürfen.

Wie viele Millionen von Indern wünschen sich einmal in ihrem Leben in dieser heiligsten aller Städte sein zu dürfen, und ich darf ihr Jahr für Jahr ganz nah sein und ihre Geschichten spüren.

Ich bitte unseren Bootsmann uns ans andere Ufer über zu setzen , dem Schwemmland für die Ganga während der Regenzeit.

Ich schließe die Augen  und atme den Duft der Erde ein.

Zehn Jahre sind vergangen,  seit ich das erste Mal in Varanasi gestrandet war und das Versprechen gegeben hatte, diese Schule, die vom Zusperren bedroht war zu finanzieren.

Zehn Jahre lang war mir das Glück vergönnt sie wachsen zu sehen, und aus 200 Kindern sind nun 500 geworden, die hier Hoffnung für ihre Zukunft finden.

Welche Gnade , dass so viele Menschen in meinem Umfeld noch immer diese Arbeit unterstützen, und wie erstaunlich, wo die wenigsten von ihnen je dieses Projekt gesehen haben und es auch nicht sehen werden.

 

All diese Gedanken flossen über mein Herz als wir wieder langsam auf die Seite zurück ruderten, wo sich die Stadt in ihrer Pracht erhebt.

Ich sehe die Feuer der Verbrennungsstätten und fühle die Endlichkeit,

die mir ein Gefühl des Friedens gibt, da sie vieles zurechtrückt und

wie von selbst das Mitgefühl und die Liebe in den Mittelpunkt stellt.

 

Warum nur haben wir den Tod im Westen aus dem Leben hinausgestellt.

Welch folgenschwerer Irrtum, der nach wie vor die Menschen in Ängste versinken lässt und uns  vielfach daran hindert wirklich zu leben!

 

Zurück an Land  holen wir unsere schönsten Kleider aus dem Koffer,

sind wir heute doch als  Ehrengäste geladen bei einem ganz besonderen  Fest in unserer Schule.

Obwohl ich bereits wusste, dass dieser Tag der Einweihung unseres neuen Schulgebäudes für Mädchen zwischen 15 und 18 gewidmet war,

an dem wir die letzten beiden Jahre über gebaut hatten, überraschte mich die liebevolle Vorbereitung zutiefst. Über 600 Menschen fanden unter einem extra dafür aufgestellten Zelt im Schulhof Platz und erfreuten sich an vierstündigen Theatervorstellungen und Tanzvorführungen aller Klassen.

 

Unglaublich mit welcher Inbrunst schon die 5-Jährigen ihre Tänze einstudiert hatten. Sehr berührend auch immer die Gruppe der Jugendlichen mit physischen und mentalen Einschränkungen- mit wie viel Freude sie an allem teilhaben und wie liebevoll sie von den übrigen Schülern betreut werden. Hier fühlt man Integration nicht nur als gute Absicht, sondern gelebte Wahrheit.

Mir war auch noch die Ehre zuteil 30 Schüler und Schülerinnen wegen ihrer besonderen Leistungen ehren zu dürfen. Mit jedem Segnungsschal, den ich einem Schüler um den Hals legen durfte, flossen auch meine Emotionen und Tränen in die laue Nachmittagsluft dieses Ereignisses.

Welch ein Segen, welche Gnade, dass es mir vergönnt war, solch wundervolle Arbeit zu tun und damit auch noch Erfolg zu haben.

Diese Idee ist wie eine wunderschöne Lotosblüte in ihrer vollen Pracht erblüht. Meine Mitreisenden waren so berührt , dass sie keine Worte mehr fanden, für die liebevolle Schönheit und Hingabe, die sie hier zu sehen bekamen.

Zutiefst erfüllt, sanken wir müde aber beglückt in unsere Hotelbetten.

Die letzten Gebete am Ganges begleiteten uns in unsere Träume.

 

Flug- Varanasi- Delhi

Und am folgenden frühen Morgen Delhi- Kulu- Manali

 

Alles klappt wie von unsichtbarer Hand gelenkt-

Auch dieser Flug mit einer kleinen Maschine mitten hinein in die engen Täler der Dreitausender, den Fußbergen des Himalayas.

Ich sitze am Fenster und kann mir nicht vorstellen, dass ein Pilot bei diesem Nebel fliegen kann und schon gar nicht, wie er diesen Vogel bei solch Bedingungen am Boden aufsetzen sollte.

Während ich mich schon wieder ungewollt am Flughafen in Delhi sehe,

plumpsen wir sanft  auf im Nirgendwo am kleinsten Flughafen, den ich je gesehen habe. Und da  wartete auch schon unser ganzes Bergteam mit Ashok und Thupten und  fielen uns um den Hals.

Ashok, mein Guide über all die Jahre- die Freude war groß.

Die Landschaft wunderschön und die Regentropfen der nächsten 3 Tage,

die aus geplanten Trekkingtouren ein Spaerlebnis machten waren uns auch willkommen.

Natürlich erinnerte uns die Berglandschaft an Österreich, und lustiger Weise an die Siebzigerjahre- oder waren es die Sechziger gewesen?

Alle Touristen waren in Schioveralls aus den Sechzigern wandernd unterwegs- sehr belustigend, aber eine originelle Idee  diese zu verleihen, damit die unvorbereiteten indischen Besucher nicht frieren.

 

Manali- Rewalsar- Dharamsala

 

Eine fünfstündige Autofahrt durch  gewundene Bergstraßen in wunderschöner Landschaft bringen uns nach Rewalsar, einem Wallfahrtsort, wo wir die Höhle des Padmasambhavas besuchen.

Er hatte im 5.Jahrhundert die tibetischen Könige bei der Vertreibung der Dämonen im Lande geholfen und dabei den Buddhismus von Indien nach Tibet gebracht. So wird er bis heute als Ahnvater des tibetischen Buddhismus verehrt, und der kleine Ort schwingt in dieser ehrfürchtigen Energie eines magischen heiligen Ortes.

Am nächsten Tag brechen wir nach Dharamsala auf, meinem Lieblingsplatz in Indien und die Vorfreude auf 7 Tage Yoga und entspannen sind groß.

 

Dharamsala

 

Was soll ich sagen.

Es ist immer wieder wie ein nach Hause kommen, wenn wir über eng gewundene Bergstraßen diesen Adlerhorst erreichen- Mc Leod Ganj.

Die kleine Stadt liegt auf 1800 Meter Seehöhe und hatte seine Heiligkeit Ende der Fünfziger-Jahre nach seiner Flucht aus Tibet wohl so an seine Heimat erinnert, dass er sich hier niederließ.

Nun leben hier noch an die 8000 Tibeter. Viele kamen in den letzten Jahren über Nepal nach Dharamsala, um vor den Übergriffen der Chinesen zu fliehen, und fanden hier eine neue Heimat.

Dharamsala ist kunterbunt, und inzwischen soll es, geht es nach dem neuen indischen Ministerpräsidenten, die „Smart-city“ von Indien werden.

Ein Zufluchtsort für die, durch die Sommerhitze geplagten Bewohner von Delhi war es schon immer, ob seiner angenehmen Temperaturen.

Wenige Schritte raus aus der kleinen bunten Stadt, die Inder, Kashmiri , Touristen und natürlich viele Affen und Kühe beherbergt, und man ist mitten in den Vorbergen des Himalaya.

Die Stadt schwingt in den Rhythmen der Rezitationen von vielen hunderten an Mönchen, und wenn Seine Heiligkeit der 14.Dalai Lama anwesend ist, dann zeigt sich die Stadt in dieser mystischen Stimmung von Mitgefühl und Hingabe und über all den Bergen sind die Gesänge der Mönche als Widerhall vernehmbar , so dass man sich ein wenig wie im Paradiese fühlt.

 

Zumindest ich –und dies jedes mal wenn ich hier ankomme- und so waren diese Tage erfüllt von Freude ob der Begegnungen mit Freunden, feinem köstlichen Speisen, Gesprächen, Gebeten und Yoga im feinen kleinen Meditationsraum des Klosters Tsechokling, wo wir auch immer einquartiert sind. Hier erlebe ich immer wieder kleine Wunder, und wenn ich je übers Jahr daran zu zweifeln beginne, ob wir uns als  Menschheit je der Liebe und dem Mitgefühl öffnen werden, hier bin ich mitten drin und atme die Luft der Güte, der Zufriedenheit, der Brüderlichkeit und der Herzensgüte.

Mit all diesen Schätzen im Herzen kehre ich dann zurück ins kleine Österreich.

Ich liebe meine Geburtsheimat  Österreich, aber klein ist hier auch manchmal nicht nur das Land, sondern auch die Bereitschaft zu Mut, Zivilcourage, Herzensgüte, Selbstverantwortung  und Mitgefühl.

Wir sind halt ein Kopfland mit zweifelndem Herz und die Seele hat es  oft ganz schön schwer! So ein bisschen Dharamsala würde uns da gut tun!

 

In der Essenz meine ich damit: Mach Dir keine Sorgen darüber ob Dein Nachbar sich verändert, und nimm es nicht zur Ausrede, um weiter bequem auf Deinem Hintern sitzen zu bleiben. Es genügt, wenn Du Dich für Mitgefühl und Liebe entscheidest.

Wir sehnen uns doch alle nach Liebe – warum leben wir sie dann nicht?

 

Vielleicht finden wir die Antwort auf diese Frage auf 5000 Meter in Ladakh.

Dorthin führt uns die nächste Reise – Ende Juni 2018.

Wer nun Lust auf Indien bekommen hat- haltet euch den Termin frei.

Es lohnt sich bestimmt.

 

Wer nicht so lange mit der Antwort warten möchte, der kann ja beginnen, in sich selbst danach zu suchen. Der beste Platz um sie zu finden!

Ich umarme Euch und danke allen, die mir auf diesen Reisen immer wieder so tief vertrauen!

 

 

Eure Rosi


Liebe Rosi,

 

 Danke für deine lieben Worte - ich möchte mich auch auf diesem Weg

 nochmals bei dir für alles bedanken, es war eine wirklich beeindruckende

 Reise.

 Ich habe viel dazu gelernt, und muss dabei zugeben, dass ich auf viele

 deiner Fragen keine Antworten gefunden habe, deine Botschaften jedoch umso

 spannender empfunden habe. Ich bin mir sicher, dass ich in ein paar Jahren

schon mehr Antworten finden werde - hoffentlich.

Varanasi war mein persönliches Highlight, obwohl ich nicht damit gerechnet

habe, dass mich gerade dieser Ort so beeindrucken wird. Besonders die

Bootsfahrt bei Sonnenaufgang habe ich als magisch empfunden. Toll war

auch, die Schule und das Kloster endlich „in echt“ zu sehen - ich finde

dazu gar keine Worte, da ich so begeistert war. Von jedem Ort unserer

Reise konnte ich viele Eindrücke mitnehmen und bin wirklich dankbar,

Indien gemeinsam mit unserer Gruppe und mit dir kennengelernt zu haben.

                                                              

Danke, dass du uns an Orte geführt hast, die ich sonst niemals besuchen

könnte, und danke, dass du dich die zwei Wochen so liebevoll um uns alle

gekümmert hast - ich habe mich wirklich wohl gefühlt.

Birgit